Eva Heißwolf ist Geschäftsführerin der KALKA GmbH und erklärt, warum Nachhaltigkeit eigentlich eine urschwäbische Tugend ist und was es mit dem "Ehrenamtsvirus" auf sich hat, das in ihrer Familie grassiert.
Zu Beginn stellen wir stets die gleiche Frage – was bedeutet denn Heimat für Sie? Ist das ein Ort, sind es die Menschen, ist es ein Gefühl?
Also für mich ist das sicherlich eine Kombination aus allen Faktoren. Auf jeden Fall ist es unser Bayerisch-Schwaben, die Region hier. Natürlich gehören da auch die Leute mit dazu – es ist also das Gesamtpaket.
Haben Sie diese Heimat mal verlassen, oder mit dem Gedanken gespielt?
Ja, tatsächlich war ich knapp 10 Jahre nicht hier. Nach meinem Abitur in Günzburg war ich für mein Studium in Nürnberg, inklusive Auslandssemester in Turku (Finnland). Anschließend habe ich dann drei Jahre in München gelebt – und dann ging es zurück in die Heimat. Durch das Familienunternehmen musste ich irgendwann die Entscheidung treffen, ob ich miteinsteigen möchte – und ich habe mich dafür entschieden. Vielleicht lag es auch daran, dass ich vorher noch ein wenig raus in die weite Welt wollte... Aber, so viel steht auch fest, ich bin mittlerweile bekennende Kleinstädterin.
Dann haben Sie sich absolut richtig entschieden. Wie gestalten Sie diese, Ihre Heimat?
Ein ganz wesentlicher Punkt ist natürlich die Tätigkeit hier in unserem Familienunternehmen. Wir sind vor Ort schon seit 1946 angesiedelt und haben aktuell rund 400 Mitarbeitende – in der Spitze waren es sogar 600. Außerdem sind wir in einer Branche aktiv, in der wir sehr integrativ wirken. Das bedeutet, dass wir viele Mitarbeiter aus den unterschiedlichsten Nationen beschäftigen und diese auch durch ihre Anstellung integrieren. Mit der Art, wie wir unser Unternehmen führen und den Werten, die wir leben, leisten wir hier, in meinen Augen, einen großen Beitrag.
Absolut. Empfinden Sie diese Verantwortung für 400 Menschen, ja vielleicht sogar 400 Familien auch als Bürde? Natürlich können Sie dort gestalten und aktiv sein, aber nehmen Sie da Druck wahr?
Ganz klar, das gehört ein Stück weit zum Unternehmertum dazu. Man hat Verantwortung für seine Mitarbeiter, und auch in unserer Branche ist es so, dass die Mitarbeiter von diesem Gehalt abhängig sind. Im Alltag ist das keine Belastung, aber gerade in Krisensituationen sind das Gedanken, die man mit nach Hause nimmt. Nicht nur die Verantwortung für die Mitarbeiter ist hier ein Faktor, der belasten kann. Wir sind in personalintensiven Dienstleistungen unterwegs und haben immer größere Herausforderungen, Personal zu finden. Wir profitieren aber davon, dass wir als Arbeitgeber in der Region bekannt sind und auch dafür bekannt sind, gut mit unseren Mitarbeitern umzugehen. Das erklärt zeigt auch die große Zahl an Mitarbeitern, die schon seit vielen Jahren für uns tätig sind. Deshalb haben wir es bei der Suche nach neuen Mitarbeitern mit Sicherheit leichter als manch andere Mitbewerber.
Stellen Sie bei den Kunden in den letzten Jahren auch eine Veränderung fest?
Wir haben in den letzten 10 bis 15 Jahren einen enormen Wandel auf der Kundenseite durchgemacht. Konkret sieht das so aus, dass wir weniger Konzerne und öffentliche Einrichtungen als Kunden haben – und das auch ganz bewusst. Diese schreiben in der Regel ihre Projekte aus und dann geht die Vergabe zu 70 %, 80% ausschließlich über den Preis. Und bei diesem Preiswettbewerb können und wollen wir nicht mitmachen. Die öffentlichen Träger können da auch nichts dafür, das ist die Ausschreibepraxis in Deutschland. Aber wir arbeiten mit Menschen und hier ist Zeit gleich Geld. Und gute Leistung braucht nunmal Zeit und hat daher ihren Preis.
Ein anderer Wandel, der die gesamte Gesellschaft aktuell beschäftigt, ist der Klimawandel. Dazu gibt es eine Schlagzeile von Ihnen in der Günzburger Zeitung "Klimaschutz dank schwäbischer Sparsamkeit". Was hat es damit auf sich?
Grundsätzlich ist das Thema Nachhaltigkeit ein Thema, das mir schon lange am Herzen liegt. Und in diesem Interview habe ich gesagt, dass Nachhaltigkeit eine urschwäbische Tugend ist – also das Haushalten und vorsichtige Umgehen mit den vorhandenen Ressourcen. Bei uns im Unternehmen kommt das Interesse ursprünglich aus dem Bereich der Gebäudereinigung, vor allem, da hier wir viel mit Chemikalien umgehen – und da wird man automatisch mit solchen Fragen konfrontiert. Wir sind beispielsweise auch schon seit 2002 umweltzertifiziert und im letzten Jahr vom Umweltministerium in Bayern ausgezeichnet worden.
Wirkt sich das Engagement auch im Vertrieb positiv aus? Oder machen Sie das aus reiner Überzeugung für die Sache?
Natürlich tun wir das aus Überzeugung, aber es hat schon auch positive Auswirkungen auf den Vertrieb. Aktuell testen wir zum Beispiel bei uns im Haus ein Reinigungsmittel für die Bodenreinigung, das auf Bakterien basiert. Damit sprüht gerade jeder am Abend seinen Büroboden ein – und das funktioniert ohne Chemie wirklich hervorragend. Wir sind da gerade an einigen Zukunftsprojekten dran, bei denen wir unter anderem weitgehend chemiefreie Reinigung anbieten.
Wie kommen Sie auf derartige neue Ideen?
Wir haben einen kleinen Virus in der Firma, insbesondere in der Geschäftsleitung: Das ist der Ehrenamtsvirus. Ich habe das von meinem Vater und Großvater geerbt sowie meine Brüder auch. Der überträgt sich wohl über die DNA. Wir sind ehrenamtlich sehr engagiert – egal, ob Branchenverbände oder regional wie in Wirtschaftsvereinigungen. Und über solche Formate, Veranstaltungen oder Vorträge erfährt man ständig, ob und was es Neues gibt. Und außerdem ist es mir auch wichtig, nicht nur über Missstände zu schimpfen, sondern aktiv etwas zur Verbesserung beizutragen. Und das geht in meinen Augen am besten über Austausch, Engagement und ein entsprechendes Netzwerk. Gerade auch in der aktuellen Zeit empfinde ich persönlich eine Verschiebung in unserer Kultur, so dass sich viele über Dinge beschweren, ohne selbst an einer Lösung zu arbeiten.
Sozusagen also Lösungsorientierung statt Problemorientierung.
Genau das ist das Schlagwort. Ich kann mich entweder über meine Situation beschweren – oder versuchen, sie zu ändern.
Sie haben das Thema Netzwerk angesprochen: Auf der Business-Plattform LinkedIn sind Sie sehr aktiv und haben einige Hundert Follower. Was ist hier Ihr Antrieb?
Da spielen verschiedene Faktoren zusammen. Einerseits kann man über Social Media Werbung für sich und sein Unternehmen machen. Das andere ist tatsächlich das Netzwerk, das man hier pflegen und ausbauen kann. Ich bin schon immer ehrenamtlich unterwegs, schon seit der Schulzeit, und da ist das Tool eine gute Unterstützung, um Kontakte zu pflegen und zu halten.
Jetzt gibt es bei näherer Betrachtung einige Parallelen zwischen Ihnen mit Ihrem Unternehmen und uns als VR-Bank Donau-Mindel: Auch bei uns spielt Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle, auch wir sind hier in der Region aktiv, auch wir engagieren uns vor Ort und auch uns liegt die lebenswerte Region am Herzen. Wie nehmen Sie unsere Aktivitäten in diesen Bereichen wahr?
Natürlich nehme ich den großen Beitrag wahr, den Sie als Regionalbank hier vor Ort leisten, gerade was das Thema Engagement und Unterstützung in der Region angeht. Und auch als Unternehmen sind die regionalen Banken ein sehr wichtiger Partner und für den Mittelstand vor Ort auch der beste Ansprechpartner. Deshalb – weiter so! Und das ist auch dann ein wenig mein Schlusswort: Ich möchte wirklich an alle appellieren, sich zu engagieren und sich einzubringen. Es ist gerade in der heutigen, teils holprigen Zeit sehr wichtig, dass wir gemeinsam versuchen, Dinge zu bewegen und zu verbessern. Egal, ob Unternehmerschaft oder Bürgerschaft, man sollte sich engagieren und nicht nur um sich selbst im Kreis drehen.
Ein Schlusswort wie gemalt – vielen Dank für das Gespräch!
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