Christian Weng ist Musiker, Lehrer, Kulturreferent, Vereinsmensch und Familienvater – und schafft es trotzdem, all diese Rollen mit sichtbarer Begeisterung zu vereinen.
Seit über zehn Jahren leitet er die Musikschule Mindeltal und prägt mit seiner Arbeit das kulturelle Leben in der Region. Im Gespräch erzählt er, was Heimat für ihn bedeutet, warum es manchmal Mut braucht, um Dinge anzustoßen – und wie er als leidenschaftlichen Möglichmacher handelt.
Herr Weng, Sie sind in vielen Bereichen aktiv – ob Kulturarbeit, Vereinswesen oder Kommunalpolitik. Was bedeutet denn Heimat für Sie persönlich?
Heimat ist weit mehr als ein geografischer Ort. Es sind die Menschen, die unsere Region prägen – über Generationen hinweg. Gerade im ländlichen Raum spürt man, wie viel hier über Jahrzehnte gewachsen ist. Als HeimatGestalter sehe ich meine Rolle darin, genau da anzusetzen: Welche Strukturen sind wertvoll und müssen erhalten bleiben – und wo können wir Neues schaffen?
Mir ist wichtig, Menschen zusammenzubringen, die etwas bewegen wollen. Denn das wird immer schwieriger. Viele ziehen sich ins Private zurück. Ich versuche, Möglichmacher zu sein – jemand, der die richtigen Leute an einen Tisch bringt, moderiert und dadurch Neues entstehen lässt. Das ist im Grunde auch der genossenschaftliche Gedanke: Was einer allein nicht schafft, schaffen viele zusammen.
Sie leiten seit 2013 die Musikschule Mindeltal. Wie hat sich Ihre Arbeit und die musikalische Bildung in dieser Zeit verändert?
Als ich mit 23 Jahren die Leitung übernommen habe, war das ein Sprung ins kalte Wasser. Damals hatten wir etwas über 100 Schüler – heute sind es rund 550 Belegungen. In dieser Zeit hat sich unglaublich viel getan: digital, organisatorisch, aber auch gesellschaftlich.
Früher war wichtig, dass es vor Ort ein Angebot gibt. Heute zählt vor allem Qualität. Eltern nehmen Wege in Kauf, wenn sie wissen, dass ihr Kind optimal gefördert wird. Unser Ziel war und ist: qualitativer Musikunterricht, preiswert und wohnortnah.
Wir bieten alles an – von der musikalischen Früherziehung im Kindergarten bis zur Spitzenförderung für Wettbewerbe wie Jugend musiziert. Vom Hobbybereich bis zur Vorbereitung aufs Musikstudium – bei uns ist alles möglich.
Die Musikschule ist mittlerweile ein richtiges kleines Unternehmen, oder?
Absolut. Wir haben über 20 pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, vier in der Verwaltung und bespielen über 50 Räumlichkeiten in Burgau, Burtenbach und Jettingen-Scheppach. Viele sehen nur das Orchesterkonzert oder die Preisträger auf der Bühne – aber dahinter steckt enorme Teamarbeit und Organisation. Ich vergleiche eine Musikschule gerne mit einem Eisberg: Man sieht die Spitze, aber der größte Teil liegt unter der Oberfläche. Ohne klare Strukturen, Kommunikation und ein starkes Team wäre das alles nicht möglich.
Sie sprechen oft von Vernetzung. Wie kann das historisch gewachsene Wissen der älteren Generation optimal mit der Innovationskraft und Energie der Jüngeren verbunden werden, um Neues zu schaffen?
Das ist gerade im ländlichen Raum tatsächlich eine Herausforderung. Viele Vereine kämpfen damit, Nachwuchs zu finden, während ältere Mitglieder Verantwortung abgeben möchten. Ich sehe mich hier als Brückenbauer. Ein aktuelles Beispiel: Das Maibaumfest in Jettingen hat früher der Heimat- und Trachtenverein allein gestemmt. Nachdem dies nicht mehr möglich war, brachte ich Trachtler, Faschingsverein, Feuerwehr und Musikverein zusammen. Die Älteren haben die Erfahrung, die Jüngeren die Energie. Wenn man beide Seiten an einen Tisch bringt, entsteht Neues – und genau das brauchen wir: gemeinsames Handeln statt Einzelkämpfertum.
Kulturarbeit ist selten kostendeckend und ist auf Ressourcen und Partner angewiesen. Wie überzeugen Sie lokale Unternehmen, in Kulturprojekte zu investieren?
Ich setze auf lokale Unternehmen, weil sie direkt in der Region wirken. Es ist eine Win-win-Situation: Die Firmen zeigen gesellschaftliches Engagement und werden gleichzeitig als attraktive Arbeitgeber wahrgenommen. Kulturarbeit ist nie kostendeckend – sie lebt vom Engagement vieler. Aber sie schafft Werte, die man nicht in Geld messen kann: Selbstvertrauen, Gemeinschaft, Identität. Und genau das ist überzeugend, wenn man Sponsoren anspricht. Wichtig ist auch: Kommunikation. Früher hingen Plakate, heute läuft vieles über Social Media. Wer junge Menschen erreichen will, muß dort sichtbar sein.
Apropos Sichtbarkeit – Sie sind auch online sehr aktiv und zeigen offen Ihr berufliches und immer wieder auch Ihr privates Leben. Warum?
Weil Authentizität ankommt. Ich habe lange gezögert, mich in den sozialen Medien zu zeigen. Aber seit ich das mache, spüre ich, wie viele Menschen man damit erreicht – und wie schnell man positive Wirkung erzeugen kann, wenn man echte Inhalte teilt. Ich poste nichts Künstliches, sondern das, was mich bewegt – Kulturarbeit, Familie, Musik. Das ist greifbar und das mögen die Leute.
Wie sehen Sie uns als „HeimatBank“ – die VR-Bank Donau-Mindel eG als Teil der Region?
Ich finde, die VR-Bank Donau-Mindel eG lebt genau diesen Gedanken, den ich auch vertrete: Nähe, Menschlichkeit und gemeinsames Gestalten. Natürlich kann man heute alles online machen – aber die Menschen sehnen sich wieder nach persönlichen Ansprechpartnern. Eine Bank, bei der man Gesichter kennt, die präsent ist, die Vereine unterstützt, die zuhört – das ist unbezahlbar. Was einer allein nicht schafft, schaffen viele zusammen – das gilt in der Kultur genauso wie im Banking.
Und zum Schluss: Ihr persönlicher Heimatmoment?
Ganz klar: Wenn ich sehe, wie unsere Schülerinnen und Schüler mit leuchtenden Augen auf der Bühne stehen – vom Kindergartenkind bis zum Preisträger. Oder wenn ich merke, dass unser Team funktioniert, weil alle das gleiche Ziel haben. Heimat ist für mich, wenn Menschen gemeinsam etwas schaffen, das bleibt. Und das passiert hier – jeden Tag.
Geheimtipp von Christian Weng:
Schauen Sie mal bei einem regionalen Konzert oder Angebot der Vereine vorbei – egal ob (Kinder)Konzert, Heimatabend, Theater oder Blasmusik. Sie werden überrascht sein, welche Qualität und Leidenschaft hier auf dem Land entsteht. Und wer weiß – vielleicht entdecken Sie dabei sogar Ihre eigene Begeisterung für das Ehrenamt oder die Musik neu.
Vielen Dank für die Einblicke und das spannende Interview, Herr Weng!
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